Verbandsbürgermeister nur Schutzpatron der Autofahrer?

Wikipedia entlehnt: Ein Schutzpatron ist nach katholischem und orthodoxem Verständnis ein Heiliger, der in besonderer Weise seine Fürsprache für ein bestimmtes Objekt, einen bestimmten Bereich, einen Beruf oder eine Tätigkeit angerufen wird. Dieses besondere Schutzverhältnis wird als Patrozinium bezeichnet.

Fußgängerampel in Oberbillig
Von Gabriela Linden, Temmels

In brutalst möglicher Form durchschneidet die Bundesstraße 419 (B 419) die Gemeinde Oberbillig in Ober- und Unterdorf. Für die Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde ein allgemeines und permanentes Gefahrenmoment; für Kinder und behinderte Menschen ein besonderes. Eine Lichtsignalanlage in Form einer Bedarfsampel könnte Abhilfe schaffen.
Ein dringlicher Antrag zur Errichtung einer Lichtsignalanlage in Form einer Bedarfsampel zur Querung der B 419 ist von der Verbandsgemeinde Konz durch deren Bürgermeister mit mehrseitiger Begründung abgelehnt worden. Patrozinium?

Oberbillig Überweg

Einen harten Schnitt durch die Gemeinde stellt die B 419 für alle Einwohner der Moselgemeinde dar. Nicht nur der Durchgangsverkehr, zusätzlich auch der aus Oberdorf und Unterdorf einfließende Verkehr verstärkt die Verkehrsbelastung. Hier hilft nur eine Fußgänger-Bedarfsampel. Mit Sicherheit wird sich kein motorisierter Verkehrsteilnehmer daran stören, wenn jung und alt, behindert oder nicht behindert, sicher die Straße überqueren wollen. Wie heißt es im § 1 der STVO: „Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht“

Inklusion muss gelebt werden
Das Thema Inklusion ist in aller Munde, wie versteht sich da die Ablehnung des Antrages auf eine Bedarfsampel für die Ortsgemeinde Oberbillig zur Querung der B-419?

Die Antragstellerin, Bürgerin der Gemeinde Oberbillig, ist blind und hat eine kleine Tochter, die sie vom Oberdorf ins Unterdorf in den Kindergarten bringen muss. Folglich muss sie die stark befahrende B-419 regelmäßig queren. Aufgrund ihres fehlenden Sehvermögens kann sie keinen Blickkontakt zu den Autofahrern herstellen, sie sieht nicht, ob sich eine Lücke im Verkehr auftut oder nicht.

Auch ein weißer Stock oder ein Blindenhund sind da keine Hilfe. Die einzige Querungshilfe in Oberbillig ist die Verkehrsinsel, die jedoch in diesem Fall auch keine Sicherheit bietet. Auf der Verkehrsinsel stehend, als blinder Mensch, nur mit Hilfe des Gehörs, zu beurteilen, ob auf dem tatsächlich noch zu überquerenden oder aber auf dem bereits überquerten Fahrstreifen die Autos stoppen, erscheint mir sehr schwer, ganz abgesehen von anderen störenden Nebengeräuschen, wie z.B. der Bahn. Auch ein täglicher „Umweg“ mit einem Kleinkind durch den Tunnel, dessen Bürgersteig so schmal ist, dass ein Erwachsener mit Blindenhund und Kleinkind nicht nebeneinander gehen können und somit die Sicherheit nicht gewährleistet ist, ist keine Option.

Eine Bedarfsampel stoppt den Verkehr NUR DANN, wenn ein Fußgänger die Straße überqueren will, es findet also keine zusätzliche Störung des Verkehrsflusses statt. Der Signalton zeigt deutlich an, dass der Autoverkehr gestoppt hat. Der Gemeinderat in Oberbillig unterstützt den Antrag und hat im September 2014 einen entsprechenden Beschluss gefasst.

Ministerpräsidentin für Abwägung
Ministerpräsidentin Malu Dreyer unterstützt den Antrag ebenfalls und betont, dass die Entscheidung zwar in Händen der VG, der Polizei und des LBM liege, sie aber die Errichtung einer Bedarfsampel in diesem Fall für begründbar hält, da hier eine ganz spezielle Situation vorliege, da die Antragstellerin blind ist und das einen Sonderfall darstellt.

Im Behindertengleichstellungsgesetz und im Fernstraßengesetz ist geregelt, dass der Staat verpflichtet ist, eine weitest gehende Barrierefreiheit herzustellen. Das bedeutet, nicht alleine nur technische Richtlinien, wie Verkehrsstärke, Anzahl der Fußgänger usw. müssen bei der Abwägung eine Rolle spielen, sondern gleichberechtigt auch die Belange von Menschen mit Behinderung.
Da meiner Meinung nach  Sicherheit immer an erster Stelle stehen sollte, und zwar SOWOHL für die Fußgänger als auch für die Autofahrer, scheint mir die Entscheidung, den Antrag abzulehnen, willkürlich und völlig aus der Luft gegriffen.

Welche Beweggründe stecken also hinter der Ablehnung des Antrages? Muss erst, wie in diesem Fall, eine Klage beim Verwaltungsgericht eingereicht werden, damit eine vernünftige, sachgerechte, ermessensfehlerfreie, nachvollziehbare und der tatsächlichen Rechtslage in Deutschland angepasste Entscheidung gefällt wird?

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Ein Kommentar zu Verbandsbürgermeister nur Schutzpatron der Autofahrer?

  1. Raimund Scholzen sagt:

    Ich finde, die Richtlinien zur Anordnung von Fußgängerquerungen über Straßen sind grundsätzlich zu überarbeiten. Sie müssen bisher der „Sicherheit und Leichtgkeit des Verkehrs“ entsprechen, wobei mit „Verkehr“ der Kfz-Verkehr gemeint ist. Statt dessen wäre eine Priorisierung des Fußgängerverkehrs ein bedeutsamer Schritt in Richtung der Humanisierung des Alltags. Abgesehen davon würde die Realisierung der Zwei-Brücken+Tunnel-Lösung die Ortsdurchfahrt Oberbillig von derzeit ca. 14.000 Kfz-Fahrten pro Tag auf ca. 9.000 Kfz-Fahrten pro Tag entlasten.

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